Zöliakie

Einleitung  

Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die den Dünndarm betrifft. Das Immunsystem der betroffenen Patient:innen reagiert auf das in Weizen, Roggen und Gerste enthaltene Protein Gluten. Dies führt zu einer entzündlichen Schädigung der Dünndarmschleimhaut, wodurch die Nährstoffaufnahme beeinträchtigt wird.1

Die Erkrankung beginnt häufig in der Kindheit, kann aber in jedem Alter auftreten. Oftmals bleibt sie lange Zeit unentdeckt: Im Durchschnitt dauert es acht Jahre, bis die Betroffenen eine ärztliche Diagnose erhalten. Die Symptome sind vielfältig: Durchfälle, Bauchschmerzen und Blähungen sind typisch, aber auch unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Gewichtsverlust und depressive Verstimmungen können auftreten.2,3


Etwa 2 % der Bevölkerung sind von Zöliakie betroffen, möglicherweise sogar mehr, da viele Fälle unerkannt bleiben. Die Zahl der von Zöliakie betroffenen Menschen nimmt seit drei Jahrzehnten zu.3,4
 

Ursachen  

Für die Entstehung einer Zöliakie spielt die genetische Veranlagung eine Rolle. Viele Patient:innen mit Zöliakie sind Träger mindestens eines der sogenannten Humanen Leukozyten-Antigene (HLA) DQ2 oder DQ8. Doch nur ein Bruchteil – etwa 3 von 100 – der genetisch prädisponierten Personen entwickelt tatsächlich die Erkrankung.1,3


Anders gesagt: Wenn jemand kein HLA-Risikogen hat, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass diese Person jemals an Zöliakie leiden wird. Aber das Vorhandensein von HLA-DQ2 oder HLA-DQ8 bedeutet nicht automatisch, dass die Person auch Zöliakie bekommt.3


Neben den genetischen Faktoren gibt es weitere Risikofaktoren, die zur Entstehung einer Zöliakie beitragen können. Das sind beispielsweise:2,3

  • Darminfektionen im frühen Kindesalter
  • Veränderungen des Mikrobioms bei Säuglingen


Das Risiko für Zöliakie ist zudem erhöht, wenn bereits andere Autoimmunerkrankungen wie zum Beispiel Typ-1-Diabetes bestehen. Nach aktuellem Wissensstand hat es hingegen keinen Einfluss, wann glutenhaltige Nahrungsmittel in die Ernährung von Babys eingeführt werden. Auch Impfungen gelten nicht als Auslöser für eine Zöliakie. Ebenso gibt es derzeit keinen Hinweis darauf, dass die Geburt per Kaiserschnitt oder der Einsatz von Antibiotika in der Schwangerschaft oder frühen Kindheit zu einem erhöhten Zöliakie-Risiko beiträgt.2
 

Symptome und Verlauf  

Bei Menschen mit Zöliakie führt die Immunreaktion auf Gluten zu entzündlichen Veränderungen der Dünndarmschleimhaut. Sie reichen von einer Zunahme der Entzündungszellen bei normalem Schleimhautaufbau bis hin zur vollständigen Abflachung des Schleimhautreliefs. Durch diese Rückbildung der Darmzotten werden Nährstoffe schlechter aufgenommen.1,3


Zöliakie kann sich in unterschiedlicher Weise äußern. Viele der für die Erkrankung typischen Beschwerden betreffen Magen und Darm:2,3

  • Durchfälle
  • Bauchschmerzen
  • Blähungen
  • Übelkeit
  • voluminöser, fettglänzender Stuhl
  • Verstopfung
  • sichtbar vorgewölbter Bauch



Es gibt auch unspezifische Anzeichen, die hinzukommen können:
 

  • anhaltende Erschöpfung
  • ständige Müdigkeit
  • Reizbarkeit oder depressive Verstimmung
  • Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust
  • Wichtig: Bei Kindern können Wachstumsstörungen auf eine Zöliakie hinweisen.2,3


Während bei der klassischen Form der Zöliakie vor allem Magen-Darm-Symptome dominieren, treten bei der symptomatischen Form zusätzlich Beschwerden wie Müdigkeit, Depression oder Gewichtsverlust auf. Zusätzlich kommen sogenannte subklinische Fälle vor, bei denen Betroffene keine auffälligen Beschwerden zeigen, aber dennoch Schleimhautveränderungen aufweisen.2


Wird die Erkrankung nicht behandelt, kann es durch die verminderte Nährstoffaufnahme aus dem Darm langfristig zu Mangelerscheinungen und zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen wie Osteoporose, Leberschäden, Zahnschmelzdefekten oder Neuropathien kommen. Auch das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen (Gastrointestinaltrakt, Uterus, Kopf, Hals und in der Brust) und kardiovaskuläre Leiden ist erhöht.2,3
 

Diagnose

Zöliakie wird häufig erst spät erkannt. Bei Verdacht auf eine Zöliakie erhebt der Arzt oder die Ärztin zunächst eine sorgfältige Anamnese, bei der neben Magen-Darm-Symptomen auch Beschwerden wie Autoimmunerkrankungen und häufige Knochenbrüche abgefragt werden.2,3


Zur Diagnose wird das Blut auf Zöliakie-spezifische Antikörper untersucht. Bestimmt werden dabei IgA-Antikörper gegen die Gewebstransglutaminase (tTG-IgA) sowie der Gesamt-IgA-Wert.2,3


Wichtig: Dieser Antikörper-Test ist nur zuverlässig, wenn der Patient oder die Patientin noch Gluten konsumiert. Wer bei sich eine Zöliakie vermutet, sollte deshalb nicht präventiv auf Gluten verzichten, sondern die ärztliche Diagnose abwarten. Anderenfalls muss etwa drei Monate vor der Untersuchung die Glutenmenge wieder erhöht werden.2,3


Ein negativer Antikörper-Test reicht aus, um eine Zöliakie auszuschließen. Fällt er aber positiv aus, wird die Diagnose über eine Dünndarmbiopsie abgesichert. Dabei schiebt der Arzt oder die Ärztin eine dünne Sonde in den Dünndarm, um Gewebeproben zu entnehmen. Dies ermöglicht es, die Dünndarmschleimhaut auf die für Zöliakie charakteristischen Veränderungen zu untersuchen.2,3


In Ausnahmefällen kann eine genetische Untersuchung der HLA-Risikogene erfolgen. Diese eignet sich jedoch nur zum Ausschluss einer Zöliakie, nicht zur Diagnose.2,3


Unterschiede zwischen Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität

Die Beschwerden von Zöliakie, Weizenallergie und Glutensensitivität können sich überschneiden, aber es handelt sich um unterschiedliche Krankheitsbilder. Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem auf Gluten reagiert und den Dünndarm schädigt. Die einzige Therapie besteht in einer strikt glutenfreien Ernährung.

Die Weizenallergie hingegen ist eine klassische Allergie, bei der das Immunsystem auf bestimmte Weizenproteine reagiert. Sie äußert sich meist schon kurz nach dem Verzehr mit Hautreaktionen, Atemproblemen oder Magen-Darm-Beschwerden. Auch dabei gilt es, auf die entsprechenden Weizenproteine vollständig zu verzichten.

Menschen mit einer Weizensensitivität haben – wie bei der Zöliakie – Beschwerden nach dem Konsum von Weizen bzw. dessen Inhaltsstoffen, wie z. B. Gluten, Fruktane, Amylase-Trypsin-Inhibitoren, jedoch ohne dass sich Antikörper im Blut nachweisen lassen oder der Darm geschädigt wird. Eine Meidung von Weizeninhaltsstoffen kann helfen, der Verzehr ist aber in der Regel möglich.2,3,5
 

Maßnahmen zur Symptomkontrolle

Die einzige wirksame Therapie der Zöliakie besteht in einer lebenslang glutenfreien Ernährung. Bereits kleinste Mengen Gluten können zu Beschwerden und erneuten Entzündungen im Darm führen. Zu Behandlungsbeginn ist Geduld gefragt: Nach dem Verzicht auf Gluten dauert es oft Wochen oder Monate, bis sich die Symptome bessern.2,3


Obwohl es derzeit keine medikamentöse Therapie gibt, laufen vielversprechende Forschungen, die langfristig neue Behandlungsansätze ermöglichen könnten.6
 

Tipps für den Alltag:

 

  • Hafer enthält zwar von Natur aus kein Gluten, wird aber oft bei der Verarbeitung kontaminiert. Achten Sie daher auf den Kauf von glutenfreiem Hafer.
  • Glutenfrei-Siegel beachten: Viele Lebensmittel, aber auch Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, enthalten verstecktes Gluten.
  • Haushaltskontamination vermeiden: Getrennte Toaster, Brettchen, Besteck und Kochutensilien sind sinnvoll.
  • Digitale Hilfsmittel nutzen: Apps und Online-Datenbanken helfen, glutenfreie Produkte zu identifizieren und Ernährungsfehler zu vermeiden.2,3,7

 

Quellen:

  1. Török HP, Koletzko S. Update Zöliakie [Celiac disease: an update]. Inn Med (Heidelb). 2025;66(2):165-173.
  2. Felber J, Bläker H, Fischbach W, et al. Aktualisierte S2k-Leitlinie Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Z Gastroenterol. 2022;60(5):790-856.
  3. https://www.gesundheitsinformation.de/zoeliakie-glutenunvertraeglichkeit.html
  4. https://journals.lww.com/ajg/abstract/2020/04000/incidence_of_celiac_disease_is_increasing_over.9.aspx  
  5. https://www.akdae.de/fileadmin/user_upload/akdae/Arzneimitteltherapie/AVP/Artikel/201802/078.pdf
  6. Segura V, Ruiz-Carnicer Á, Sousa C, Moreno ML. New Insights into Non-Dietary Treatment in Celiac Disease: Emerging Therapeutic Options. Nutrients. 2021;13(7):2146.
  7. https://www.gesundheitsinformation.de/leben-und-alltag-mit-zoeliakie.html
  • Einleitung  
  • Ursachen  
  • Symptome und Verlauf  
  • Diagnose
  • Unterschiede zwischen Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität
  • Maßnahmen zur Symptomkontrolle
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